Wasserkannen aus Westafrika (Foto: Thomas Hartmann, JGU)
Die Ethnografische Studiensammlung bewahrt etwa 2.800 Objekte, die vor allem aus Zentral- und Westafrika sowie aus Australien, Papua-Neuguinea und anderen Teilen Ozeaniens stammen. Die Gegenstände der vielfältigen Sammlung repräsentieren ein breites Spektrum von Aktivitäten, die von religiösen Praktiken über Jagd und Kriegsführung bis zu Musik und Haushalt reichen. Sie ist die einzige Sammlung ihrer Art in Rheinland-Pfalz und eine der größten universitären Sammlungen an der Mainzer Universität.
Viele Objekte kamen in der Zeit Ende des 19./ Anfang des 20. Jh. nach Europa. Es sind daher historische Objekte, die auf vergangene Lebenswelten verweisen und gleichzeitig von ihrer Aneignung in Europa im Kontext der kolonialen Eroberung Afrikas oder Ozeaniens erzählen.
Die magazinierte Ethnografische Sammlung ist als Lehr- und Forschungssammlung konzipiert. Einer breiteren Öffentlichkeit wird die Sammlung durch Ausstellungen, Leihgaben und Ausstellungsbeteiligungen zugänglich gemacht. Nach Absprache mit der Kuratorin Bianca Baumann ist auch eine Besichtigung möglich.
https://ccc.deutsche-digitale-bibliothek.de/de
Ausgewählte Objektbestände der Ethnografischen Studiensammlung sind im Portal der Deutschen Digitalen Bibliothek "Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten" zu finden
Die Deutsche Digitale Bibliothek stellt mit dem Online-Portal „Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten“ den zentralen Zugang zu digitalisiertem Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten in deutschen Kultur- und Wissenseinrichtungen einrichtungsübergreifend zur Verfügung. Das Sammlungsgut stammt aus formalen Kolonialherrschaften sowie aus Gebieten, in denen informelle koloniale Strukturen herrschten oder die unter informellem Einfluss von Kolonialmächten standen. Das Recherche-Angebot wird fortlaufend ausgebaut und die Anzahl der Objekte in der Datenbank soll stetig vergrößert werden.
Abb.: Deutschlands Portal für Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten, ein Subportal der Deutschen Digitalen Bibliothek, (c) Deutsche Digitale Bibliothek, 2024.
Expert:innen-Netzwerk veröffentlicht Vorschläge zur konkreten Ausgestaltung
Das Expert:innen-Netzwerk zum Umgang mit menschlichen Überresten hat eine Stellungnahme zum geplanten Restitutionsfonds für menschliche Überreste veröffentlicht
Das Netzwerk ist ein interdisziplinärer Zusammenschluss von Wissenschaftler:innen, die sich in ihrer praktischen oder theoretischen Arbeit mit menschlichen Überresten beschäftigen. Ziel ist ein angemessener Umgang mit den sterblichen Überresten von Menschen in Museen und wissenschaftlichen Einrichtungen. Das Netzwerk existiert seit 2021 und ist ein assoziierter Teil der AG Koloniale Provenienzen des Arbeitskreises Provenienzforschung e.V.
Zürcher Erklärung 2024 / Zurich Declaration 2024
Museen, Öffentlichkeit, Politik und Medien in der Pflicht
Im Mai 2019 publizierte die Jahreskonferenz der Direktorinnen und Direktoren der Ethnologischen und Weltkulturen-Museen und Sammlungen im deutschsprachigen Raum die Heidelberger Stellungnahme mit dem Titel «Dekolonisierung erfordert Dialog, Expertise und Unterstützung». Wir begrüßen, dass die Heidelberger Stellungnahme inzwischen selbstverständlich als Stimme unserer Museen anerkannt wird.
Mit dieser Zürcher Erklärung 2024 rücken wir die Potenziale der Ethnologischen und Weltkulturen-Museen und Sammlungen vor dem Hintergrund global erstarkender Nationalismen und Krisen weiter ins Bewusstsein von Öffentlichkeit, Politik und Medien.
Abb.: Dr. Anna-Maria Brandstetter und Dr. Rachel Mariembe begutachten gemeinsam im Depot der Ethnografischen Studiensammlung am 11. April 2022 einen Maskenaufsatz aus Babanki in Kamerun. Foto: Bianca Baumann.
Innerhalb der sogenannten 3-Wege-Strategie der Bund-Länder-AG sollten auch die Bestände menschlicher Überreste aus kolonialen Kontexten in deutschen Sammlungen transparent zugänglich gemacht werden. In der ersten Pilotphase waren diese über das neu entwickelte CCC-Portal der Deutschen Digitalen Bibliothek einsehbar. Nach Protesten aus der wissenschaftlichen Gemeinschaft und der Öffentlichkeit wurden sie entfernt. Dabei ging es weniger um das Erfordernis der Transparenz, das von allen Beteiligten unterstützt wird, sondern um die Frage nach der Art und Weise wie diese mit der Sensibilität menschlicher Überreste in Einklang gebracht werden kann. Zu dieser Frage möchte die Arbeitsgruppe menschliche Überreste der AG Koloniale Provenienzen im Arbeitskreis Provenienzforschung e.V. im Folgenden einen Vorschlag unterbreiten, der drei zentrale Thesen umfasst.
Text: Vorschlag zum Umgang mit menschlichen Überresten im Rahmen der Umsetzung der 3-Wege-Strategie
Heidelberger Stellungnahme / The Heidelberg Statement
Dekolonisierung erfordert Dialog, Expertise und Unterstützung
Anlässlich der Jahreskonferenz 2019 der Direktor/innen der Ethnologischen Museen im deutschsprachigen Raum in Heidelberg wurde die folgende Stellungnahme verabschiedet.
Im deutschsprachigen Raum bewahren mehr als zwanzig öffentliche ethnologische und Weltkulturen-
Museen, Universitätsmuseen und -sammlungen sowie ethnologische Abteilungen in Mehrspartenmuseen
eine bedeutende Anzahl an Sammlungen mit kulturellen Artefakten, Fotografien, Film- und
Tondokumenten sowie Schriftarchiven. Diese Sammlungen erhalten wir in treuhänderischer Sorgfaltspflicht.
Über die Objekte wurden Beziehungen zwischen Menschen angelegt, die für jene, die sie einst
herstellten, für ihre Nachfahr/innen wie auch insgesamt für alle Gesellschaften bedeutsam waren und
bis heute sind. Diese Beziehungen stehen – ähnlich Diaspora-Verbindungen – im Vordergrund unserer
Aufmerksamkeit.
Abb.: Sieben Skulpturen der Bwiti-Religion | unbekannte Hersteller | Libreville (Gabun), vor 1971 (1960er Jahre?) | Sammlerin: Irene Löffler (Feldforschung in Gabun 1971-1972) | gekauft 1971 | Holz, Farbpigmente, Textilien, Spiegel, Pflanzenfasern, Metall | Höhe: 18-36,5 cm | Foto: Thomas Hartmann, Universitätsbibliothek Mainz