Als Ausstellungsminiaturen bezeichnen wir die Ausstellungen, die in einer Vitrine im Flur des Instituts für Ethnologie und Afrikastudien zu sehen sind.
Die Miniaturen können von Studierenden im Rahmen von Seminaren in und zur Ethnografischen Studiensammlung erstellt werden. Sie können aber auch Einblicke in die aktuelle Forschungsarbeit in der Sammlung geben.
Im April 2014 gestaltete Linda Selig, Studentin der Ethnologie, die Ausstellungsminiatur „Von Neuguinea über Biebrich nach Mainz“, die sich mit der Geschichte einer Sammlung von 42 Objekten aus Papua-Neuguinea befasste, die in den Jahren 1950 und 1951 in die Studiensammlung des damaligen Mainzer Instituts für Völkerkunde kamen. Sie gehörten Karoline und Gustav Bergmann, die von 1888 bis 1904 die Missionsstation der Rheinischen Missionsgesellschaft auf der Insel Siar leiteten. Die Insel liegt vor der Nordostküste Neuguineas und war bis 1914 Teil der Kolonie Deutsch-Neuguinea. Die meisten Objekte hat Karoline Bergmann als Dank für die von ihr geleistete medizinische Behandlung erhalten.
Das Foto zeigt die Biebricher Missionarin Karoline Bergmann (1864-1952) und ihren Mann Gustav Bergmann (1856-1904) vermutlich zur Zeit ihrer Verlobung, etwa 1887. (Foto: E. Flasche, Barmen; in Besitz von Peter-Michael Glöckler, Wiesbaden)
Die Ausstellungsminiatur zeigt Steinzeugkrüge aus dem Westerwald, die ab dem 17. Jh. nach Holland und England verkauft wurden und von dort mit Handelsschiffen nach Afrika und Asien kamen. Als Geschenke für lokale Herrscher und im Tausch gegen Gold, Sklaven und Elfenbein verbreiteten sich die Krüge an den Küsten West- und Zentralafrikas.
Mbong’e kongo oder „Kongokrüge“ nannten die Bolia und ihre Nachbarn die Krüge, die über Zwischenhändler von der Kongoküste bis an den Äquator gelangten. Die Krüge waren Prestigegüter und erfüllten auch eine Funktion in der Rechtsprechung. Stiegen die Preise von Lebensmitteln zu sehr, verordnete der König neue Preise und zerbrach zur Bekräftigung einen „Kongokrug“. Als er 1958 seinen letzten Krug zerschlug, beauftragte Erika Sulzmann, die Begründerin der Mainzer ethnografischen Sammlung, die Manufaktur Merkelbach in Höhr-Grenzhausen zwölf neue Krüge nach Originalvorbild für den König zu fertigen (Krug links unten).
Verflechtungsgeschichte: Anhand der Krüge lässt sich untersuchen, wie die Bolia und ihre Nachbarn und auch die Westerwälder Steinzeugtöpfer in den transkontinentalen Sklaven- und Elfenbeinhandel verwickelt waren, wie Krüge und andere europäische Dinge, im Tausch gegen Sklaven und Elfenbein, lokal angeeignet und rekontextualisiert wurden und welche komplexen regionalen gesellschaftlichen Dynamiken diese Verflechtungen zeitigten.
Die Ausstellungsminiatur setzt sich mit den Konzepten "Authentizität" und "Fälschung" auseinander, die immer noch die Auseinandersetzung um Kunst aus Afrika prägen.
Bei der Figur handelt es sich vermutlich um eine Gedenkfigur der Ndengese (Dem. Republik Kongo), die um 1971 in Mali erworben wurde und über verschiedene Händler/ Sammler 2011 als Schenkung in die ethnographische Sammlung kam.
Die Ausstellungsminiatur ging aus dem Seminar "Geschichte(n) des Sammelns" (SoSe 2012) von Anne Brandstetter und Larissa Förster (Universität zu Köln) hervor.
Gestaltung: Anne Brandstetter / Foto: Axel Brandstetter, 2012