Ernst-Wilhelm-Müller-Stiftung

Förderung von Projekten des Archivs für die Musik Afrikas, der Ethnografischen Studiensammlung sowie der Jahn-Bibliothek für afrikanische Literaturen am Institut für Ethnologie und Afrikastudien, JGU Mainz

Ernst Wilhelm Müller begründete die Stiftung mit seinem Testament vom 15. November 2013. Sein letzter Wille galt der Förderung des Archivs für die Musik Afrikas, der Ethnografischen Studiensammlung sowie der Jahn-Bibliothek für afrikanische Literaturen am Institut für Ethnologie und Afrikastudien.

Ernst Wilhelm Müller (1925-2013) war der Johannes Gutenberg-Universität über viele Jahre verbunden, zuerst als Student, Doktorand und wissenschaftlicher Mitarbeiter (1948-1958) und später, bis zu seiner Emeritierung, als hochschulpolitisch engagierter Professor für Ethnologie (1969-1986). Als Leiter des Instituts für Ethnologie und Afrikastudien setzte er sich tatkräftig für die Einrichtung der Jahn-Bibliothek für afrikanische Literaturen und des Archivs für die Musik Afrikas ein.

Nachdem er sein Studium zunächst in München begonnen hatte, wechselte Ernst Wilhelm Müller zum Wintersemester 1948/49 an die Johannes Gutenberg Universität-Mainz, wo er Völkerkunde und Afrikanistik studierte. Von 1949 bis 1951 hatte er eine Anstellung als erste studentische Hilfskraft am Institut für Völkerkunde (wie das heutige Institut für Ethnologie und Afrikastudien damals hieß). Im Jahr 1951 wurde Müller in die Studienstiftung des deutschen Volkes aufgenommen. Als Student bzw. Doktorand nahm er zwischen 1951 und 1954 an einer Feldforschung bei den Ekonda und Bolia im damaligen Belgisch-Kongo teil. Die sogenannte Mainzer Kongo-Expedition, eine der ersten großen deutschen Feldforschungsreisen der unmittelbaren Nachkriegszeit, wurde von Erika Sulzmann geleitet. Die über 500 Objekte bei dieser Forschung gesammelten Objekte bildeten den Grundstock der Ethnografischen Studiensammlung. Aufgrund schwerer Erkrankungen während der Expedition sollte diese Forschungsreise die einzige in Müllers Laufbahn bleiben. Während der Expedition wurde Müller der oben abgebildete Würdestab (ensina) überreicht. Bei den Ekonda wurden solche Würdestäbe vor allem von älteren Männern verwendet. Dass Ernst Wilhelm Müller diesen Stab trotz seines damals noch jungen Alters erhielt, war eine besondere Ehre.

1955 schloss Müller seine Dissertation mit dem Titel „Das Fürstentum bei den Südwest-Mongo (Belgisch Kongo)“ bei dem Kulturmorphologen Adolf Friedrich ab, dem damaligen Institutsleiter. 1956 und 1958 war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Völkerkunde in Mainz. 1960 ging er als Wissenschaftlicher Assistent zu Wilhelm E. Mühlmann ans Institut für Soziologie und Ethnologie der Universität Heidelberg, wo er bis 1967 blieb und habilitierte („Der Begriff der Verwandtschaft in der modernen Ethnosoziologie“). 1969 erhielt er den Ruf auf eine Professur für Allgemeine Ethnologie zurück an die JGU Mainz und wurde Institutsleiter. 1986 wurde er emeritiert.

Die Mainzer Ethnologin Carola Lentz beschrieb Ernst Wilhelm Müller in ihrem Nachruf als "wichtige[n] Wegbereiter für eine moderne, sozialwissenschaftlich orientierte und interdisziplinär offene Ethnologie, die auf solider empirischer Feldforschung beruht". Auch Ute Luig, bis zu ihrem Ruhestand Professorin für Ethnologie in Berlin, stellte fest, mit dem Tod von Ernst Wilhelm Müller habe „die deutsche Ethnologie einen ihrer bedeutenden Modernisierer der Nachkriegszeit verloren“. Die Ethnologie war für Müller eine komparative Geisteswissenschaft par excellence. Aus diesem Verständnis des Faches resultiert auch sein konsequent interdisziplinärer Ansatz, den er im Mainzer Institut für Ethnologie und Afrikastudien in exemplarischer Weise umsetzte. Er suchte immer die Zusammenarbeit mit anderen Wissenschaften, wie zum Beispiel der Literatur-, Wirtschafts- oder Geschichtswissenschaft, und betonte besonders die Verbindung von Ethnologie und Soziologie.