Mobilität, soziale Ungleichheit und Entsolidarisierungen in transnationalen kapverdischen Familien

Dieses ethnologische Post-Doc Projekt untersuchte die Gestaltung, die Aufrechterhaltung sowie die Diskontinuitäten und Bruchlinien sozialer Nahbeziehungen innerhalb transnationaler kapverdischer Familien. Mobilität und die Integration in transnationale Netzwerke stellen für viele Menschen, insbesondere in Ländern außerhalb Europas und Nordamerikas, die entscheidenden Prämissen für Versorgung und eine erfolgreiche Soziabilität dar. Während auf der einen Seite die Dynamiken sozialer Beziehungen in transnationalen Räume bestimmten geschlechter- und generationenspezifischen Erwartungen und Rollenzuweisungen unterliegen, werden sie gleichzeitig maßgeblich von Faktoren determiniert, welche die Akteure nur bedingt beeinflussen können. Beispielhaft seien hier die staatliche Regulation von Mobilität, besonders im Bereich der familienbasierten Migration, sowie die Möglichkeiten der Lebens- und Erwerbsgestaltung in der Diaspora genannt. Im Vordergrund des Projektes stand die Frage nach den normativen, symbolischen, ökonomischen und politischen Faktoren, die zu Prozessen der gegenseitigen Integration bzw. der Desintegration in transnationalen Familien führen.

Auf der Basis eines 12-monatigen Feldforschungsaufenthaltes auf zwei Kapverdischen Inseln (Fogo und Brava) sowie kürzeren Aufenthalten in der kapverdischen Diaspora (Lissabon, Portugal und Boston, USA) wurden die Imagination und die Praxis moralischer Ökonomien in Kap Verde untersucht. Es wurde der Frage nachgegangen, wie Leistungen der Fürsorge und der Verbindlichkeit im transnationalen Raum aufrechterhalten und organisiert werden. Sowohl die Potenziale und innerfamiliären Verhandlungen transnationaler Solidarität und Fürsorge, als auch deren Begrenzungen und die Auseinandersetzung mit staatlichen Regulationspraxen wurden berücksichtigt. In diesem Kontext spielten nicht nur die Beschränkungen der Mobilität und die Folgen einer relativen Immobilität hinein, sondern auch die zunehmend spürbaren Folgen von Abschiebungen von illegalisierten MigrantInnen, eine Entwicklung, die dem Ethos transnationaler Familien entgegensteht.

Publikationen (Auswahl)

--- 2016: How to Extract Hope from Papers? Classificatory performances and Social Networking in Cape Verdean Visa Applications. In: Kleist, Nauja and Dorte Thorsen (eds.) 2016: New Geographies of Hope and Despair. Mobility, immobility and uncertainty in contemporary African migration. London, NY: Routledge.

--- 2015: Shifting Care among Families, Social Networks and State Institutions in Times of Crisis: A Transnational Cape Verdean Perspective. In: Alber, Erdmute and Heike Drotbohm (eds.) Anthropological Perspectives on Care: Work, Kinship, and the Life Course. Basingstoke: Palgrave Macmillan: 93-116.

--- 2015: The reversal of migratory family lives. A Cape Verdean perspective on gender and sociality prior and post deportation. In: Journal of Ethnic and Migration Studies, Special Issue: Deportation, Anxiety, Justice. New Ethnographic Perspectives, edited by Heike Drotbohm und Ines Hasselberg, Vol 41 (4): 653 - 670.

--- 2014: Familie als zentrale Berechtigungskategorie der Migration: Von der Transnationalisierung der Sorge zur Verrechtlichung sozialer Bindungen. In: Nieswand, Boris and Heike Drotbohm (eds.) 2014: Kultur, Gesellschaft, Migration: Die reflexive Wende in der Migrationsforschung. Wiesbaden: VS Springer: 179-202.

--- 2013: The Promises of Co-mothering and the Perils of Detachment. A Comparison of Local and Transnational Cape Verdean Child Fosterage. In: Alber, Erdmute, Jeannett Martin and Catrien Notermans (Hg.) 2013: Child Fosterage in West Africa: New Perspectives on Theories and Practices. Leiden: Brill: 217-245.

--- 2012: (co-authored with Lisa Åkesson and Jørgen Carling): Mobility, moralities and motherhood. Navigating the contingencies of Cape Verdean lives. In: Journal of Ethnic and Migration Studies. (Special Issue: Transnational Parenting): Vol. 38 (2): 237-260.

--- 2011: Kreolische Konfigurationen der Rückkehr zwischen Zwang und Zuflucht. Die Bedeutung von Heimatbesuchen in Kap Verde. In: Heike Drotbohm and Ingrid Kummels (eds.): Afroatlantische Allianzen. Thematic issue of Zeitschrift für Ethnologie, Vol. 136 (2): 87-106.

--- 2011: On the durability and the decomposition of citizenship: The social logics of forced return migration in Cape Verde. In: Julia Eckert (ed.) 2011: Citizenship Studies, (special issue: „Subjects of Citizenship“). Vol. 15 (3/4): 381-396.

--- 2010: Gossip and Social Control across the Seas: targeting gender, resource inequalities and support in Cape Verdean transnational families. In: African and Black Diaspora. An International Journal, (Special issue, ed. by Marina de Regt and Reinhilde König: „Family Dynamics in Transnational African Migration to Europe“). Vol. 3 (1): 51-68.

--- 2009: Horizons of long-distance intimacies. Reciprocity, contribution and disjuncture in Cape Verde. In: The History of the Family. An International Quarterly (Special Issue: “Families, Foreignness, Migration, Now and Then”). Vol. 14 (2): 132-149.